zur Selbstreferenzialität, so dass die gesellschaftliche Desintegration der Kunst

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Hier begann die Kulturpolitik. Was als kulturell wertvoll im Dienst der Allgemeinheit erachtet wurde, erhielt auch abseits von wirtschaftlichen Überlegungen Förderung. Die Werturteile fällte eine zunehmend abgeschlossene Teilkultur – Universitäten, Intellektuelle, Künstler und Kritiker – mit der Tendenz zur Selbstreferenzialität, so dass die gesellschaftliche Desintegration der Kunst weiter vorangetrieben wurde. Die Formen der bürgerlich-wertorientierten Kultur übernahmen schließlich auch die aristokratischen Herrscher. Als Gegengewicht zur bürgerlichen Sphäre wuchs die Unterhaltungsindustrie an, die Boulevardtheater unterhielt und als neues Berufsbild den professionellen Entertainer schuf.[79]
Rezeptionsformen

Diese Entwicklungen hatten Folgen für die Kunstrezeption. War bis zum Beginn der Neuzeit Musik entweder funktional, z. B. mit Arbeit oder Gottesdienst verbunden, oder hatte sie als Tanz- und Volksmusik Gemeinschaft gestiftet, war also der Umgang mit und der Gebrauch von Musik die herkömmliche Herangehensweise, so wandelte sich dies zur Darbietung von Musik. Sie wurde als Kunstwerk und um ihrer selbst willen aufgenommen. Sie musste sich nicht mehr das Interesse mit anderen alltäglichen Dingen wie Arbeit oder Schlaf teilen, sondern wurde mit großer Aufmerksamkeit gehört. Diese strukturelle Hörweise, die das musikalische Kunstwerk in seiner Form und seinem Gehalt nachzuvollziehen sucht, setzt bereits theoretisches Vorwissen voraus. Damit einher ging die Unterscheidung von Kunst-Musik und „Nicht“-Kunst-Musik, d. h. die Übertragung der Werturteile auf musikalische Genres. Die Unterscheidungsfähigkeit wurde zu einem wichtigen sozialen Merkmal stilisiert; wer den bürgerlichen Kanon nicht nachvollzog, galt als ungebildet. Anders die Unterhaltungsmusik: weder empfand man sie als Kunst noch wurde sie konzentriert gehört. Man hörte sie auch, während man mit Gespräch, Essen, Tanz beschäftigt war, als Konsum einer Dienstleistung.[80]
Die Kulturindustrie
Das Transistorradio Nordmende Transita aus den 1960er-Jahren galt als vorbildliches Produktdesign. Es war erschwinglich, tragbar und wurde für viele Jugendliche zum Statussymbol.
Frank Zappa, hier bei einem Auftritt 1977 in Oslo, verfolgte eine grundlegend andere Produktionsästhetik als die Kulturindustrie. Indem er alle Prozesse von der Komposition über das Spiel und die Inszenierung bis zur Vermarktung seiner Werke kontrollierte, übte er radikale Kritik.

einfach und verhältnismäßig preiswert erlernen und reproduzieren. Beide,

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Im häuslichen Bereich kam dem Klavier eine besondere Rolle zu. Die wichtigsten Merkmale der europäischen Kunstmusik – Mehrstimmigkeit, Kontrapunkt, Modulationsharmonik, wohltemperierte Stimmung des chromatischen Tonsystem – lassen sich auf diesem Instrument klanglich angenehm, technisch einfach und verhältnismäßig preiswert erlernen und reproduzieren. Beide, Klavier und Notendruck, wurden in der bürgerlichen Schicht zu Trägern der Musikkultur. Symptomatisch ist das 1856 von Tekla Bądarzewska komponierte Gebet einer Jungfrau. Es gehört zu einer industriell gefertigten, standardisierten Musik, die später als Inbegriff für musikalischen Kitsch galt.

Noch offensichtlicher war die Marktentfaltung in der Popularmusik. Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts nahmen in den Großstädten die großen Unterhaltungsstätten für die Mittel- und Unterschicht ihren Betrieb auf: Music Halls in England, Cafés in Frankreich, in Deutschland Revue-Theater und Ballsäle, in den USA die Minstrel Shows und aus Frankreich übernommenen Vaudevilles. Die dort gespielte Musik diente zum Tanzen und Mitsingen, nicht aber dem Kunstgenuss.

Die bürgerliche Musikkultur hatte im Großen die Inhalte ihrer kirchlichen und aristokratischen Vorläufer übernommen. Sie unterschied sich aber in ihrem ideologischen Bezug. Während für die Fürsten Musik eine angenehme Zerstreuung war und die Kirche sie religiös funktionalisierte, so suchte das Bürgertum in ihr Bildung und Erbauung und nutzte sie zur Repräsentation. Als Mäzen trat nun der Bürger auf, vermehrt auch die öffentliche Hand. Staaten, Kommunen und Privatvereine finanzierten Bau und Unterhaltung von Opern- und Konzerthäusern. Ihr Ziel war ein öffentliches Musikleben, das dem Bürgertum selbst zu Bildung und Erziehung gereichen könne.

getragen, die aus öffentlicher und privater Hand schöpft, um die alljährlichen

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Heinrich Zilles Pastell Garderobe in einem Vorstadtvarieté (1904) beschreibt die Gegenwelt unterhalb der bürgerlichen Sphäre. Bürgerliche Kunstkultur und Unterhaltungsmusik waren vollständig voneinander getrennt.
Das Richard-Wagner-Festspielhaus auf dem Grünen Hügel in Bayreuth ist ein nationales Identitätssymbol. Es wird von der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth getragen, die aus öffentlicher und privater Hand schöpft, um die alljährlichen Opernfestspiele durchzuführen.

Die Erfindung des Notendrucks half zwar, Musik schneller und weiter zu verbreiten, doch waren die Auflagen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts immer noch recht gering. Der Notendruck war eher ein Mittel zur Dokumentation und zur medialen Vermittlung des Musiktextes an den Interpreten. Eine breite Käuferschicht fanden Noten noch nicht. Allerdings unterstützen frei verfügbare Noten die entstehende öffentliche Musikkultur, namentlich im italienischen Opernwesen um die Mitte des 17. Jahrhunderts und im englischen Konzertwesen seit dem frühen 18. Jahrhundert. Das bürgerliche Musikleben begann sich unter deren Einflüssen sozial und wirtschaftlich zu entfalten. Zunächst hielten Gasthäuser und öffentliche Säle als Aufführungsorte her, später wurden die ersten Konzerthäuser als spezialisierte Spielstätten für die Konzertmusik errichtet – unter Mitwirkung der städtischen Verwaltungshoheit.

Die Erfindung der Lithografie im Jahr 1796 führte unmittelbar zu qualitativ besseren Druckergebnissen und größeren Auflagen im Notendruck. Noten erwiesen sich als profitabel und ein breiter Markt wuchs heran. Damit rückte auch der Warencharakter von Musik in den Vordergrund. In der Mitte des 19. Jahrhunderts überstiegen die Aufführungen von Musik bereits verstorbener Komponisten erstmals diejenigen von noch lebenden. Dies ist auch ein Anzeichen für die Herausbildung eines spezifisch bürgerlichen Kanons und der ihm zugrunde liegenden wertenden Ästhetik.

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